MEAT

Es ist morgens halb sieben in einem kleinen Dorf in Südniedersachsen, am Rande des Harzes. Auf dem weiß gefliesten Fußboden ist ein dünner Wasserfilm, die weiß gekachelten Wände sind sauber abgespritzt. Es ist kalt, vielleicht 2 Grad Celsius. Es riecht metallisch. Der Geruch, der mir den ganzen Tag nicht aus der Nase gehen und den Magen umdrehen wird. In weißer Weste, langem Kittel und weißen Gummistiefeln gekleidet, wartet der Metzgermeister Kai Wenzel auf die nächste Lieferung.

Selbstschlachtende Metzger gibt es kaum noch, immer mehr Fleischereien müssen schließen: 1990 waren es in Deutschland noch 33000 Fleischerbetriebe, heute schlachten nur noch 2000 selbst – die Zahl der Fleischereifachgeschäfte in Deutschland ist in den vergangenen zehn Jahren um fast ein Viertel zurückgegangen. Der größte Teil gibt heute die Arbeit an große Schlachthäuser ab. Ursache ist einerseits das Aussterben des Berufsfeldes selbst, andererseits den strengen EU-Auflagen geschuldet, die kleinere Unternehmen nicht erfüllen können. In vielen handwerklichen Berufen herrscht ein hoher Fachkräftemangel – so auch im Bereich der Metzgerei. Das Interesse ist zu gering. Wenzel wird sein jahrelanges Know-How nicht weitergeben können. Vielen fehlt die Geduld oder sie sind abgeschreckt von dem Beruf Tiere töten zu müssen. Dabei macht das Schlachten nur einen kleinen Teil des Berufs aus, einen Tag in der Woche – jeden Montag ab morgens um 4 Uhr.

Jedes Tier wird einzeln in den weiß gekachelten Raum geführt und elektrisch betäubt, anschließend spüren die bewusstlosen Tiere nichts mehr. An einer Hochbahn hängend bluten sie aus und sterben innerhalb kürzester Zeit. Jeglicher Stress für das Tier wird vermieden, der wirkt sich nämlich immens auf die Qualität des Fleisches aus. Mittels Wasserdampf wird es abgebrüht, sodass die oberste Hautschicht entfernt werden kann. Zuletzt wird es erneut an den Hinterbeinen aufgehängt und mittig gespalten, sodass die Organe entnommen werden können. Bevor es zur Weiterverarbeitung geht und es in die entsprechenden Teilstücke zerlegt werden kann, geht es zum Abhängen in den Kühlraum für den eigentlichen Reifeprozess. Ist dieser abgeschlossen, kann das Fleisch in die jeweiligen Wurst- und Fleischwaren weiterverarbeitet werden.

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